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BildSätze – FaltFarben
Arbeiten von Jochen Stankowski und Thomas Kohl
2012: Maria Obenaus, Dresdner Universitätsjournal No 4

Jochen Stankowski und Thomas Kohl gehören zu den heute eher seltenen Künstlern, Grafik- und Produktdesignern, die sich mit ihren freien und angewandten Arbeiten auf den Konstruktivismus begründen. Sie eröffneten 2005 in Dresden die »Galerie Konkret« auf der Rothenburger Straße, über deren reiches, sechs Jahre währendes Ausstellungsgeschehen und über die vielen interessanten interdisziplinären Werkstattgespräche die Publikation »Durch die Augen in den Sinn« Auskunft gibt. Der Buchtitel beschreibt eindeutig, worauf neben ihren in der Galerie vertretenen Künstlerkollegen auch Stankowski und Kohl fokussieren: Sie spüren dem Wesenhaften von Linien, Flächen, Formen und Kompositionen nach mit dem Wissen, dass »an jeder Form ein Fühlen klebt«, dass »die Form immer nur Vermittlerin für die Empfindung« ist (J.St.).

Die neue Ausstellung der »Galerie im Gang« im Gebäude der Juristischen Fakultät an der Bergstraße stellt beide Künstler mit einigen ausgewählten Arbeiten vor. Jochen Stankowski präsentiert eine Suite seiner 100 Blätter umfassenden »Anschauungen«. In ihnen verknüpft er kurze Texte, prägnante Sätze von Friedrich Hegel, Siegmund Freud oder Byung-Chul Han mit zeichenhaften Kompositionen. Aus dem Weiß der Blätter treten geometrische Formen hervor. Sie stehen in Beziehung zueinander, charakterisieren die Textaussage durch Winkel oder Kreissegmente, Symmetrien oder Asymmetrien, Farbverwandtschaft oder Farbkontrast. Hier erkennt man den Grafiker, der sich auch als »Zeichensteller« versteht. Er verfolgt in Zeiten rasanter Bilderzeugung und Bildbeschleunigung die Absicht, das Auge auf Wesentliches, Zeichenhaftes zu lenken, um die Wahrnehmung durch Reduktion der bildnerischen Mittel zu erleichtern. Verbale und visuelle Anschauungen werden miteinander verknüpft, denn jeder Satz ist ein »Bild der Wirklichkeit« (Wittgenstein). Die an der Universität ausgestellten Blätter können wohl für Geistes-, Natur- und Technikwissenschaftler gleichermaßen anregend sein. Allen, die sich aber auch für die anwendungsbezogenen Arbeiten von Jochen Stankowski interessieren, sei die bis Mitte Oktober laufende größere Präsentation im Werkbund-Haus auf dem Festspielgelände in Dresden-Hellerau empfohlen.

Thomas Kohl ist Grafiker und Produktdesigner. Er spürt den Formen in Natur und Technik nach, ergründet ihre Geometrien, ihre Strukturen, die Eigenart der Materialien. Ihn interessieren die Formbildungsprozesse. Mit seinen Grafiken, Fotografien, Plastiken untersucht er die Metamorphosen der Formen. So kann sich in den Serien das Konvexe in das Konkave, das sich Öffnende in das Geschlossene verwandeln. Thomas Kohl begeistert besonders die Falttechnik. Aus dünnsten Materialien bildet er stabile Körper von hoher ästhetischer Qualität. Auch er ist dem Wissenschaftler nahe, denn sein Vorgehen ist systematisch und nachvollziehbar, doch führen die Variantenbildungen oft zu überraschenden Resultaten. Die ausgestellte Serie »FaltFarben« zeigt in jedem Teil ein mäanderförmig gefaltetes Band, das mit einer dichten flächig-räumlichen Struktur ein labyrinthisches Muster bildet. Als isometrische Darstellung mit farbigen Abschnitten ausgeführt, sind immer wechselnde Substrukturen und vielgestaltige Innen- und Zwischenräume zu erkennen. Erfreulich ist, dass Thomas Kohl sein Wissen im Wintersemester im Fach Grundlagen der Gestaltung an der Fakultät Architektur weitergeben und seine Experimentierfreude mit den Studenten teilen wird.

Dipl.-Ing. Maria Obenaus, Kustodie TU Dresden
Dresdner Universitätsjournal vom 18. September 2012

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