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Der grafische Gedächtnisraum in der Galerie Konkret
2011: Heinz Weißflog, DNN, April

Abb. oben: Satzspiegel-Varianten, 60 x 84 cm, 1959

"Wie ein Dreieck, ein Kreis oder ein Quadrat miteinander funktionieren, haben Väter der konkreten Kunst Malewitsch, Mondrian, Kandinsky, Lissitzky und Vasarelli, später Max Bill und Paul Lohse bereits vorgedacht und in endlosen Bildlösungen praktiziert. Der in Dresden lebende Grafiker Jochen Stankowski  nutzt die Erfahrungen seiner grafischen Arbeit im Bereich der Angewandten Kunst und hat aus ihr viele Anregungen für seinen Kanon von Formen und Farbkombinationen erhalten. Dabei entwickelt der Künstler aus seinem „grafischen Gedächtnisraum“ ganz eigene Variationen des konkreten Herangehens, sowohl abstrakt als auch gegenstandlos.

In einer Ausstellung in der Galerie Konkret unterbreitet jetzt Jochen Stankowski sein Konzept von der konkreten Form. Sowohl Suprematismus, Konstruktivismus, op art und konkrete Poesie flossen als Anregung in sein Werk ein, dessen erste Arbeit von 1959 ein orangenes Dreieck mit zwei sich im rechten Winkel begegnenden schwarzen Streifen in der Galerie zu sehen ist. Die 60er Jahre sind geprägt durch die intensive Arbeit mit dem Siebdruck und die Auseinandersetzung mit Geometrie und Mathematik („Pythagoras“ Tempra, 1962), sowie mit seiner Brotarbeit als Schriftsetzer („Satzspiegel“, 1959). Neben seiner Arbeit für Firmen (Logos), als Buchgestalter und Medienfachmann behielt er das Künstlerische immer im Blick. Reisen in den Süden (Tunesien) und zu den norwegischen Fjorden inspirierten ihn zur Darstellung von blau-schwarz-weißen Räumen, in denen Licht und Schatten als Kombinationen von Dreieck und Viereck agieren. Mit seinem „Kinetischen Quadrat“ (Ojekt, 1965) mahnt Stankowski mittels sich langsam bewegender Farbscheiben die Entschleunigung einer durch Getriebensein und Hast gekennzeichneten Gesellschaft. an.

Im Hauptraum der Ausstellung buchstabiert der Künstler das Alphabet der geometrischen Formen durch. Er bereichert es durch neue Variationen, in denen die Farbe eine besondere Rolle spielt: Hier beherrscht eine Serie von 60 Tintenstrahldrucken (nach digitalen Vorlagen) den Raum. Dabei lautet Stankowskis Desvise: „Je weniger im Bild ist, desto mehr kann der Betrachter hineindenken“. Einfache formale Lösungen, Spiegelungen, Durchdringungen und Überblendungen bestechen durch den gezielten Einsatz der Farbe von Linie und Fläche. Symetrie wird dabei nicht angestrebt. Die Vielfalt der Ideen, die sichtbar gemacht werden, überrascht. Besonders interessant sind die zahlreichenen Sieb- und Offsetdrucke zwischen 1966 und 2006, die tafelbildartigen Charakter haben. Stankowski setzt in seiner Arbeit auf die Berührungsstellen von Quadraten, an denen meist durch Ineinanderschieben ein Dreieck entsteht, das farblich hervorgehoben wird („Kinetisches Quadrat“, Offsetdruck, 2006). Mit seinen Formerfindungen bewegt sich Jochen Stankowski oft am Rande des Banalen. Indem er der elementaren Form eine Kleinigkeit, eine „homöopathische Dosis“ hinzufügt, wird aus ihr Kunst. Natürlich arbeitet der Grafiker mit Lineal und Zirkel, muss die Formen auf dem Reißbrett entwerfen und vertiefen, die Proportionen wahren. Letzlich inspirieren ihn aber immer Licht und Schatten, freie Landschaft und urbaner Raum im Erlebnis direkter Anschauung. Dresden ist für ihn ein idealer Ort, an dem die Maßverhältnisse von Landschaft, Architektur noch stimmen. Die Stdt ist für die konkrete Kunst ein idealer Ort, brachte er doch Künstler wie Hermann Glöckner und viele namhafte Architekekten der TU hervor.

In einer Serie (5 Drucke von 200) entstanden Strichkombinationen (aus der Erfahrung mit der Findung von Firmenzeichen), die wie Kürzel und Schriftzeichen wirken. Der tänzerische Charakter der vier Linien verleiht dem Blatt eine seltsam bewegte, kalligrafische Lebendigkeit. Mit seinen Blättern der konkreten Poesie (1986) wimmelt es von Wortschlangen, die der Dichter und Kabarettist Peter Grohmann schuf. Buchstabenamputationen geben dem einelnen Wort anderes Gewicht und Bedeutung. Stankowski ordnete die Worthaufen zu skurilen Linienstrukturen, die dem Wort eine grafische Funktion zuweisen."
Heinz Weißflog, Kritiker und Autor, Dresdner Neuste Nachrichten

90 Pinselgrafiken, 16 x 21 cm, 1988: 1, 2, 3, 4 Linien, etwa gleich lang. Das Auge gruppiert die 4 Striche, es sieht Progressionen, Ausreißer, Veränderung, es sieht Zeichen für Bewegung wie Fliegen, Schweben, Aufsteigen, aber auch abstrahierte, pflanzliche Bilder oder Quallen und auch gegenstandlose Zeichen als Empfindungen wie Zusammenhalten, Kraft, Überbrücken ...

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