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druck mal - Corporate Design des DruckHaus Dresden
2006: Peter Grohmann, Vorwort

Abb. DruckHaus mit Schriftzug, unten: Farbe im Drucksaal

Der Google-Sprachtool bietet bei der Bitte nach automatischer Übersetzung des Wortes Corporate Design (vom Englischen ins Deutsche) das Wort Unternehmenssymbole an. Verlangt man nun bei der automatischen Übersetzung die Rückübersetzung von Unternehmenssymbole, wird dies automatisch übersetzt mit enterprise symbols.

Fragen wir mal das Etymologische Wörterbuch des Herrn Kluge und gestatten uns dabei eine kleine Abkürzung: Design: (Entwurf von) Gestalt, Aussehen, Plan. Entlehnt aus dem Englischen, dieses aus dem Französischen dessein, dieses aus dem Italienischen disegno, abgeleitet aus dem Lateinischen disegnare (beabsichtigen, bezeichnen), zu signum, Zeichen. Schaut man bei Zeichen, dann taucht dieses treffende Wort schon im 8. Jahrhundert auf. Verbunden wird damit das Sichtbarmachen, scheinen und erscheinen, Erscheinung, strahlen, leuchten. Leuchte, mein Stern, leuchte!
 
Nah liegt Gutenberg
Damit sind wir beim DruckHaus, das auch Druckhaus geschrieben werden könnte. Beim Druck liegt der Begriff seitenverkehrt auf der Hand – es bereitet dem visuellen Gedächtnis keinerlei Schwierigkeiten, die Spiegelung umgehend richtig zu stellen. Im DruckHaus druckt man eben anders, die Schreibweise unterstreicht das Besondere.

Nah liegt vor allem Gutenberg, der alte Gensfleisch, Meister der Schwarzen Kunst, die immer farbiger, immer virtueller wird: Geruchlos, ja oft sogar geschmacklos, stellen die alten Schriftsetzer Jochen und Peter fest. Beide hatten im ‘freien’ Westen, als es noch keine Globalisierung gab, eine kleine Druckerei, der eine in Köln, der andere in Stuttgart. Beide wussten noch, was Fische sind, konnten Korrekturzeichen lesen und geben heute noch manchmal die Schriftgröße in Punkt an. Unterwegs, beim Griff nach den neuen Sternen, dem Offsetdruck, den neuen Medien, trafen sie Christl und Karl Nolle in Hannover, in den siebziger Jahren.

Alle vier verband etwas Antiquiertes: Es ging ihnen nie in erster Linie um das, was am meisten fehlte: Geld. Es ging immer ums Buch, um Inhalte, die gut gestaltete Drucksache, um Anspruch, Aufbruch. In Dresden traf man sich wieder – der eine kam unabhängig vom anderen aus Stuttgart an die Elbe, der andere kam vom Rhein. Da stand Karl Nolle schon im Hof am Bärenstein, und dirigierte Sanierungstrupps. Und Christl Nolle musste an das denken, was am meisten fehlte.

Hoffnung haben, sehen lernen
Hoffnung haben, dass der Lesende seine Welt besser erkennt als der Analphabet. Bleiben Sie uns jetzt bloß weg mit den neuen Untersuchungen, nach denen immer mehr Menschen immer weniger lesen. Können.

Sehen. Wenn ihnen nur beim Sehen die Augen aufgingen. Aber das ist die alte, nie versiegende Hoffnung von Leuten, von Christl und Karl Nolle und jenen vielen anderen im DruckHaus Dresden, von Jochen Stankowski und Peter Grohmann und allen, die in der Schwarzen Kunst eine bunte Welt der Aufklärung zaubern: Nix mehr von Schriftsetzer und Buchdrucker und Korrektor. Wir sind digital zu Hause. Willkommen in der schönen neuen Medienwelt, die auch den Heitergestimmten einseift und dann rasiert.

CD war früher mal eine Seife
Seife? Einseifen. Abseifen. Heute denkt der Laie bei CD vor allem an Compact Disk oder CD-Rom. In Wahrheit – aber was ist wahr? – ist CD die Abkürzung von Corporate Design und der Zwilling von Corporate Identity. Wir lassen das eine mal links liegen und widmen uns dem anderen, nämlich den grafisch-gestalterischen-visuellen Maßnahmen, die einen „Unternehmensauftritt“ ausmachen. Sieh mal –  es sind dieses exemplarisch
–  Das Signet. Schriftzug. Markenzeichen.
–  Vorgaben und Regeln für die zu verwendenden Schriften
    (Hausschriften) und Gestaltungsraster.
–  Vorgaben und Regeln für die zu verwendenden Farben (Hausfarben).
–  Die Geschäftsausstattung mit Drucksachen (Briefbögen,
    Visitenkarten, Umschläge, Formulare, Mitteilungen).
–  Werbemittel wie Anzeigen, Prospekte, Flyer, Kataloge, Plakate.
–  Fahrzeug- und Gebäudebeschriftungen (innen und außen), Fahnen
    u.a.m.


Corporate Design – ach, diese vielen gut gemeinten Vorgaben und Regeln und Raster und Muster! Sie sollen stimmig sein, aufeinander bezogen und beziehbar, sie sollen einheitlich sein, sie sollen vom Nähertreten an das Haus in der Bärensteiner Straße bis zur Beschriftung am Fahrstuhl, vom Foyer der Geschäftsleitung bis zum Prospekt über Hybrid-Druck erkennen lassen, wes Geistes Kind hier haust. Und das muss so bleiben – von den Hausfarben im Warenausgangsbereich bis zur Gestaltung der Rechnung. Nur deren Begleichung ist nicht immer so einfach regelbar.

Bausteine legen, Bauklötzchen staunen

Corporate Design – die einheitlichen grafischen Vorgaben schaffen im besten Falle ein Gemeinsamkeits- und Zugehörigkeitsgefühl, wenn’s gut geht, auch ein im Detail und im Ganzen fassbares Bild des Unternehmens DruckHaus Dresden.

Mal ganz unter uns: Corporate Design ist ein Bauklötzchen, ein Stein im Mauerwerk der Identität eines Unternehmens. Es kann sein, dass der Stein entfernt werden kann, ohne dass es je bemerkt wird. Es kann aber auch sein, dass das Mäuerchen einstürzt. Erinnern Sie sich?

Corporate Design – man braucht Butter an die Fische und muss die Kirche im Dorf lassen! So wenig wie eine Schwalbe keinen Sommer macht, schon lange nicht in diesen Zeiten, wo das Futter immer knapper wird, so wenig macht ein toller Briefbogen oder schicke Fahnen in den Hausfarben oder eine originell gestaltete Anzeige eine Unternehmenskultur. Auch das hervorragend gestaltete Formular nützt nichts, wenn es den Weg alles Irdischen geht. Stimmig heißt eben nicht nur Corporate Design, sondern auch Preis und Leistung. Sehen und gesehen werden über die Stadt hinaus. Gesehen werden – aber wie sieht man uns wirklich?

Dem Volke dienen oder Volker?

Quo vadis, Zeichensteller, Designer, Grafiker? Es ist ein guter Weg, den du gehst, ganz unter uns gesagt. Denn Corporate Design soll dem Unternehmen dienen, zu allervörderst, es entfaltet seine Außenwirkung und seine Innenwirkung, wie unsere Beispiele zeigen. CD ist ein fixes Handbuch mit allen Vorgaben für die Entwicklung und Entfaltung des Gedruckten, des zu Sehenden.

Corporate Design ist ein Spiel, im vollen Ernst. Es braucht Mitspieler, es braucht Menschen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen, Menschen, die noch im besten Wortsinn „stolpern“ können, die Hoppla! sagen, aufmerksam bleiben in der Praxis des Alltags, die die Linien als Linien erkennen und noch wissen, wo man einen Punkt machen muss. CD braucht die Mitspieler, die bei der Sache bleiben, über lange Strecken hinweg, die nicht die Geduld verlieren. Das DruckHaus ist seinen Gestaltern und Textern immer so ein Mitspieler und Partner gewesen. So wie Gedankenfreiheit vom Sir gefordert wurde, wird Gestaltungsfreiheit gewährt, Design als Ausdruck der Kunst. Wie sonst könnte eine experimentelle Anzeigenserie, die über zwei Jahre läuft, eine zweite, dritte, vierte, die ebenso lange läuft, ablösen?

Die alten Ägypter einscannen?

Karl und Christl Nolle und das DruckHaus-Team haben diese Geduld, freuen sich mit den Kunden über die Kunst des Spielerischen, das Affirmative, das Dauerhafte: Wir bleiben am „Produkt“, so nah wie möglich. Papier als Basis. Punkt und Linie. Rahmen und Raster. Farbe und Fläche. Oben und unten. Wort für Wort. Wenn der innovative Herr Gensfleisch zu Gutenberg in Mainz seiner-zeit, lange vor der Wende nicht experimentiert hätte, müssten wir heute vielleicht die Papyrusrollen der alten Ägypter einscannen. Weiß man’s? Danke. Bitte.

In der Regel gehen auch die besten Botschaften in der Flut verloren. Wir sind hoffnungsfroh, dass uns gelingt, der Reizüberflutung ein Stoppzeichen entgegenzustellen. Wir widersprechen den gängigen Erwartungen. Wir provozieren im Bescheidenen. Wir überraschen. Wir tanzen aus der Reihe.