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Dresden stromaufärts - Künstler helfen der Kreuzkirche
Eröffnungsrede von Peter Grohmann
1999: Sächsische Zeitung, 17. April 1999

Zum dritten Mal engagieren sich Künstler für die Restaurierung und Renovierung der Dresdner Kreuzkirche. Unter dem Titel "Dresden stromaufwärts" beteiligen sich in diesem Jahr 22 Maler und Grafiker. Unter ihnen Klaus Drechsler, Jürgen Haufe, Vait Hoffmann, Siegfried Klotz, Hermann Lèon, Claus Weidensdorfer und der diesjährige Stadtmaler Jochen Stankowski.

Die Idee, sich mit dem Verkauf von Kunstwerken für die Kreuzkirche einzusetzen, stammt von der Galeristin Angelika Silack. Sie hat 1997 die Aktion gemeinsam mit dem Förderverein Kreuzkirche und dem AnStiftungs-Chef Peter Grohmann ins Leben gerufen. "Die Kreuzkirche steht seit dem Baubeginn der Frauenkirche in deren Schatten", sagt Angelika Silack. "Spenden fließen vorrangig in deren Neubau". Aber gerade die Kreuzkirche war für die Dresdner nach dem Kriege bis in die jüngste Vergangenheit ein Begegnungs- und Zufluchtsort. Hier trafen sie sich zum Gedenken an den 13. Februar 1945 (Bombardierung) und zur friedlichen Montagsdemonstration in der Wendezeit.

Allein die dringendsten Sanierungsarbeiten in der Unterkirche der Kreuzkirche, wie der Bau von Toiletten und Garderoben, belaufen sich auf zwei Millionen Mark. Die Kreuzianer ziehen sich in der Sakristei um. Allein kann die Kreuzkirchengemeinde das Geld nicht aufbringen. ... Ingrid Roßki

 

Peter Grohmann - Eröffnungsrede vom 10. April 1999 (Auszug)

Warum brauchen wir die Kreuzkirche? Damit es einen Ort gibt, wo du im Alten das Neue sehen lernst. Wo die Mauern Schutz gewähren können, dem Flüchtling Asyl. Damit es einen Ort gibt, an dem du beten kannst. Oder nicht. Für Frieden i8m Lande und jenseits. Und wir, die sonst nicht viel aber zu wenig tun, auch ein Dach überm Kopf haben durch das der saure Regen nicht tropft weil es dicht ist.

Nicht genug damit. Damit wir einen Ort haben wo wir weinen können. Im halben Dunkel der Kirche weinen. Tränen auf altes Holz und niemand deine Tränen sieht. Wo frage ich dich, darfst du heute noch weinen. Wo? Wo die Welt siegt allerorten.

Nicht genug damit. Wo sonst sollten wir wenigen unsere Plugscharen segnen lassen, wo die vielen längst ihre Schwärter schärfen?

Nicht genug damit. Wo sonst sollten wir zuhören können. Wo sonst sollten wir schweigen lernen, wo andere zu viel reden. Wo sonst sollten wir widersprechen lernen, weil es zu still ist im Land. Wo sonst sollten wir sehen lernen, wo andere die Augen verschließen. Nicht nur das, denn zuschauen ist zu wenig.

Nicht nur das. Wo sonst ist der Ort wo es warm wird im Winter. Der heiße Tee und der Kanten Brot. Und nicht nur das. Wo sonst die Bahnhöfe schließen gegen 11. Kein Dach für die Nacht.

Und nicht nur das. Überm Rathaus nebenan goldgebadet und gewendet Herkules engelgleich schwebend glücklich über der Stadt, jauchzend frohlockend. Die Augen geschlossen. Stadt. Land. Mensch. Gott. Dein Kreuz mit der Kirche. Dem Krieg widerstehend mehrfach zerstört, geschlagen und nie geduckt, standhaft gebliebenes Haus immer wieder auf den Kopf ge- und auf die Beine gekommen. Kreuzkirche.

Und nicht nur das. Nein. Ort geblieben und Ort geworden. Offenes Haus jederzeit. Selbst Dir und mir dem ungläubigen Thomas.

Nicht nur das. Auch. Offene Augen allerseits lob ich mir. Das weltliche blinzelt dir fröhlich zu, stromaufwärts stromabwärts. Wir blinzeln zurück. Kein Kreuz mit der Kirche. Freund, zieh gegen den Strom allemal. Gotteshaus, Bürgerhaus, nicht nur das: auch Bettelhaus. Haste mal 'ne Mark?

Nicht nur das. Wir nämlich dichtend und malend, farbenfroh fröhlich.

Abb. Kreuzchor in der Kreuzkirche